Hintergrund und Projektziel
Der Einsatz von carbonatisierenden Cyanobakterien in biotechnologischen Anwendungen bietet unter dem Druck von Klimawandel und dem Umbruch der Industrie hin zu mehr Nachhaltigkeit und Zirkularität eine Alternative zur herkömmlichen Verwendung von heterotrophen Bakterien. Cyanobakterien können durch ihre photosynthetischen Eigenschaften ressourcenschonend hochskaliert werden, binden CO2 und produzieren vielfältige Substanzen, denen ein besonderer Wert zukommt. Einige wenige Cyanobakterien bilden Calciumcarbonat (CaCO3)-haltige, feste, kristalline Hüllstrukturen, welche ein großes Potential zur Herstellung hybrider Materialien wie beispielsweise Licht leitenden Beschichtungen oder lebenden, betonartigen Baumaterialien aufweisen. Die biologische Zementierung durch CaCO3-Präzipitate wird dabei durch die Verklebung mit extrazellulären polymeren Substanzen (EPS) der Cyanobakterien verstärkt. Die Kombination aus biologischer Zementierung und Verklebung bietet damit einzigartige Möglichkeiten, hybriden Materialien und Baustoffen neue und je nach Bedarf, maßgeschneiderte Eigenschaften zu verleihen. Das vorliegende Projekt zielt darauf ab, mit Cyanobakterienarten sowohl grundlegende Prozesse der cyanobakteriellen Kalzifizierung zu untersuchen und diese zu nutzen, um neuartige hybride Materialien anzufertigen, wie (i) Herstellung eines betonartigen, lebenden Baustoffes mit positiven CO2 Fußabdruck (carbon capturing) und (ii) Licht leitende Beschichtungen, die beispielsweise Solarzellen effizienter werden lassen.
In einer Vorstudie wurde bereits ein solch verstärkter, lebendiger Baustoff erstellt, der weiter in Funktion zu bringen ist. Wichtige Aspekte (Zementierung, Verklebung, Lichtleitung, Selbstheilung, Duktilität) der hybriden Materialien sollen im Hinblick auf eine Optimierung und die Einstellung maßgeschneiderter Eigenschaften substituiert werden. Dies wird begleitet von experimentellen Ansätzen zur Optimierung der Lebensbedingungen der Cyanobakterien zum Erhalt der Funktion der hybriden Materialien. Durch die inhaltliche Komplexität und den hohen Innovationsgrad ist die Bearbeitung in einem hochgradig interdisziplinären Team erforderlich, das die Fachgebiete Phykologie, Bodenchemie/-mineralogie, Polymerwissenschaften und Bauingenieurwesen vereint, um letztendlich cyanobakterielle Kalzifizierung als neuen Prozess in der Biotechnologie zu implementieren.
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Prof. Dr. Lena Keller